„Butch Backwater“

Ich hab schon länger nix mehr unter „Local Talent“ gepostet, mea culpa, obwohl ich mir ja vorgenommen hatte, das zu einer Art regulären Rubrik auf diesem Blog zu machen.

Ich hol’s jetzt nach: Vor zwei Wochen saßen die beste aller Ehefrauen und ich im Boca, einer recht neuen kleinen Kneipe in Fürth (die auch so einen Besuch wert ist!*) Anlass war ein Blueskonzertchen**), und zwar von Butch Backwater. Den kennt kein Mensch, im Moment liegt sein Follower-Count auf Facebook bei 41 Menschen, was vielleicht auch daran liegen mag, dass er sich mehr Gedanken um seine Musik als um seine Vermarktung macht. (Ist ja auch ein Ansatz.) Als Sina ihn nach dem Konzert wegen CDs fragte, musste er zugeben, dass er die zuhause vergessen und darum nichts zu verkaufen hatte.***)

Dann müssen eben andere Leute das Marketing für ihn übernehmen, ich zum Beispiel: Der Mann macht geile Mucke, novembergrauen Blues, mit Stimme, Gitarre und Banjo. Hört ihn euch mal an, und wenn euch die Musik gefällt, kauft euch die Songs. Euch kostet das nicht die Welt, und ihr ermutigt einen verdammt talentierten Musiker, an seiner Kunst zu feilen.

Butch Backwater auf Bandcamp


*) Caveat bibor: Normalerweise gibt’s dort nur Frozen Margeritas, aber wenn man der Bedienung nett zublinzelt, bekommt man auch einen Classic Margerita. Der ist dann aber nicht von schlechten Eltern…

**) Die Kneipe ist ziemlich klein, so viele Zuhörer fasst die gar nicht.

***) Aber Sina wäre ja kein Digital Native, wenn sie nicht flugs das Online-Angebot Butchs gekauft hätte.

Rock im MuZClub

Gestern war’s mal Zeit für eine kleine Pause von den Proben für „Mord im Tee“. Die Gelegenheit haben die beste Ehefrau von allen und ich natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Flugs wurde die beste Nachwuchsregie von allen (Stefanie) unter den Arm geklemmt, und wir haben uns zu dritt zum MuZClub in Gostenhof auf den Weg gemacht.

Dort stand nämlich das Prüfungskonzert der Musication Schule für Musiknachwuchs*) an: Sieben Bands, rekrutiert aus den Schülern präsentierten sich dort und zeigten zum Abschluss ihrer Ausbildung, was sie können. Und das war richtig geil.

Die Glorreichen Sieben spielten ein weites Spektrum zwischen Led Zeppelin, „Summertime“ und Salsa, und es war keine einzige Combo dabei, von deren Musik ich nicht beeindruckt gewesen wäre — Und dazu muss man wissen, dass, wenn ich das richtig verstanden habe, die Bands erst kurz vor der Prüfung zusammengestellt wurden, also mitnichten jahrelange Erfahrung miteinander hatten. Erschwerend kam noch dazu, dass ein paar Musiker ausfielen und kurzfristig ersetzt werden mussten. Ich kann nur sagen: Chapeau, wie die Jungs und Mädels das kompensiert haben! Geile Mucke.

Klar, hier und da gab’s die eine oder andere Schwäche, und nicht jede der Eigenkompositionen war das nächste „Stairway to Heaven“. Geschenkt. Dafür haben die Schüler eine verdammt gute Show auf die Bühne gestellt und haben den einen oder anderen mangelnden Feinschliff mit Energie und Charme kompensiert.

Von daher kann ich nur noch einmal mein Credo wiederholen: Ehe ihr euch das nächste Mal wieder für eine dreistellige Summe Karten für Rammstein, Madonna oder sonst einen überteuerten Act holt und ihnen den nächsten Learjet finanziert, scrollt doch mal durch die Veranstaltungskalender in eurem Eck der Republik. Es gibt dort so viele endgeile Künstler, die wirklich wirklich Spitzenmusik produzieren, und denen jeder zahlende Gast tatsächlich noch viel bedeutet. Im Gegenzug könnt ihr ihnen in die Gesichter schauen**) und die Spielfreude und die Energie bewundern und für euch mit nach hause nehmen, mit denen sie ihre Show präsentieren.

Ich werde versuchen, eine Liste der aufgetretenen Bands/Musiker nachzureichen!

P.S.: Das soll auch nicht vergessen werden — der Sound gestern war richtig richtig gut! Der kam sehr klar rüber, gleichzeitig ohne dass eine Stimme/Instrument zu sehr dominiert hätte oder untergegangen wäre. In Anbetracht der Tatsache, dass da sieben sehr unterschiedlich zusammengesetzte Gruppen in schneller Folge über die Bühne wuselten, bin ich gebührend beeindruckt.


*) Der richtige Name lautet ein wenig anders…

**) Der MuZClub serviert außerdem sehr leckeres Schanzenbräu

Müsterü-Tour nach Oberfranken

Meine Frau Sina und ich überraschen einander gelegentlich mit „Müsterü-Touren“: Einer der beiden bereitet unter strikter Geheimhaltung ein größeres oder kleineres Event vor und teilt dem anderen nur einen Starttermin und Dresscode mit. So haben wir schon eine ganze Reihe spaßiger Unternehmungen durchgezogen, von einer Städtetour nach Prag über den Besuch lokaler Konzerte bis zu einem Überraschungsausflug zu einer Freundin am anderen Ende der Republik.

Vor kurzem stand nun eine weitere Tour für mich an, von der ich nur wusste, dass es vom Fürther Bahnhof losgehen würde, und der Dresscode „entspannt“ sei. Nach etwas Gegondel mit der deutschen Bahn in zunehmend kleineren Vehikeln und abgelegeneren Orten kamen wir dann in Stadtsteinach heraus, einer hinter Kulmbach versteckten Gemeinde.*) Und als wir dann unser Quartier bezogen, sah ich auch schon, was uns hierhergebracht hatte: Ein Plakat für die Aufführung von „Die besten Tage unseres Lebens“, mit Kirsten Lange und Markus Veith, mit dem Sina schon bei „My Fair Lady“, produziert vom Fränkischen Theatersommer, auf der Bühne stand.

Die Handlung des Stücks ist schnell zusammengefasst: Eine Künstlerin und ein Architekt treffen sich nach geraumer Zeit zufällig wieder, werden dabei aber von ihren Partnern gesehen, die wissen wollen, was es mit dem seltsam vertraulichen Umgang der beiden miteinander auf sich hat. Rückblende über die gemeinsam verbrachte Schulzeit und Jugend, wo die beiden für einander abwechselnd das Objekt der Begierde und die Nemesis darstellten. Ich glaube, es ist kein Gespoilere, wenn ich sage, dass die Geschichte von Frank Pinkus weitgehend überraschungsfrei endet.

Aber das Skript  ist natürlich nur das Fundament, auf dem Regie (Tony Glaser) und Darsteller ihr künstlerisches Gebäude errichten, und da kann ich nur sagen, war ich von Kirsten und Markus hingerissen. Ohne großen Schnickschnack, ohne Bühnenzauber oder fettes Orchester und mit nur minimaler Requisite haben es die beiden geschafft, mich (und, soweit ich das beurteilen kann, auch Sina) über zwei Stunden bei der Stange zu halten. Die Spannung bleib im Stück, und ich bin dem Lebenslauf der beiden Charaktere gefolgt. Die Dynamik und Energie zwischen Kirsten und Markus haben gestimmt, die beiden waren die ganze Zeit auf den Punkt konzentriert und konnten ihr Spiel abrufen — es hat großen, großen Spaß gemacht ihnen über die Jahrzehnte hinweg zuzuschauen!

Nun stammt Kirsten aus Köln und ist nur für ein Gastspiel in die Region gekommen, von daher kann ich derzeit keine konkreten weiteren Termine der beiden für „Die besten Jahre…“ liefern. Aber haltet einfach mal die Augen auf und prägt euch die Namen ein, und wenn einer der beiden euch über den Weg läuft, dann lasst die Gelegenheit nicht verstreichen, euch Karten zu besorgen!

Der Aufführungsort war die „Alte Schule“, genutzt vom Frankenwaldtheater, ein bezaubernd heruntergekommenes Gemäuer, das wesentlich mehr den Charme von Bohème als Gelehrsamkeit verbreitete. Es wird dort sehr guter Rotwein und vorzügliches Bier aus lokaler Produktion serviert, und die Location ist klein genug, dass man hinterher auch noch mit den Künstlern bei einem Seidla auf ein angenehmes Pläuschchen verhocken kann.

Hier übrigens noch, was die Profis von der Presse zu der Aufführung zu sagen hatten.


*) Zugegebenermaßen strapaziert das den Begriff „Local Talent“ etwas.

Marlene Dietrich gets the Blues

Falls ihr euch schon mal gefragt habt, wie es geklungen haben könnte, wenn Marlene Dietrich den Blues für sich entdeckt hätte — und ihr liegt bestimmt Abende lang wach mit diesem Gedanken! –, hier ist eine französische Sängerin, die dem ziemlich nahe kommt:

Véronique Gayout: Asylum

Mit Liedzeilen wie „He doesn’t need glass of champagne, nothing is wrong with his brain“ („Gasoline“) gewinnt sie vielleicht keine Lyrik-Preise, aber das ist auch schon die einzige Schwäche, die ich an ihrem Album „Wild Cat“ (ihrem Debut, soweit ich das feststellen kann) gefunden habe. Ihre Stimme find ich ziemlich geil (mag aber Geschmackssache sein), auf jeden Fall unverwechselbar, die Musik ist vielfältig, und wenn ich auch das ganze „Wild Cat“-Gedöns, mit dem ihre Website überschwemmt ist, ein wenig nervig finde: Jeder Takt ist voll Drive und Energie.

Gönnt euch mal ein paar Minuten, um in ihre Musik reinzuhören, und gönnt ihr dann vielleicht auch ein paar Euro und ladet euch ihre Platte herunter. Geile Mucke.

(Hier von „Local“ Talent zu sprechen ist vielleicht etwas weit hergeholt — aber ich will ja offen für alles sein.)

Die Bleistifte gespitzt!

Die letzten Tage war das Blog ein bisschen ruhig, aber ich kann zu meiner Verteidigung sagen, dass das nicht an meiner Faulheit lag — vielmehr war ich busy.

Zum einen war da am 11.11. die letzte Vorstellung der „100 Jahre Musical“ für diese Saison. (Es wird mit ziemlicher Sicherheit wenigstens eine weitere Aufführung im Frühjahr 2019 geben.) Diese Derniere fand im wunderschönen Kongregationssaal in Neuburg an der Donau statt, der Heimatstadt meiner Mutter, so dass ich dem Aufführungsort schon aus diesem Grund besonders verbunden war. Die Presse war auch da, und ich hoffe, die nächsten Tage ausführlicher berichten zu können. Gitti, Karin und Alex haben sich auf jeden Fall nochmal mächtig ins Zeug gelegt und alles gegeben.

Dann laufen derzeit die Vorbereitungen für den „Seelenhändler„, die diesjährige Produktion des „Stadmusicals Nürnberg“ auf Hochtouren. Ich bin persönlich der Truppe sehr verbunden, unter anderem, weil Sina wieder in mehreren Rollen zu hören sein wird und Andreas die Musik dafür komponiert hat. So habe ich in den letzten beiden Spielzeiten jeweils an der Bar auf meine Art zum Erfolg der Musicals beitragen dürfen und hab’s diesmal sogar in den Trailer für den „Seelenhändler“ geschafft. (Obwohl ich glaube, dass es eher meiṇ Landsknechtkostüm war, das begeistern konnte.) So oder so, anscheinend hat mein grimmiges Dreinstarren bei den Dreharbeiten (verkatert auftauchen hilft!) die Regisseure Uli und Marc überzeugt, mir auch noch eine kleine bislang verwaiste Rolle als gedungener Scherge im „Seelenhändler“ anzubieten, und da ich nunmal gern im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe, hab ich mich nur minimal bitten lassen.

Das dürfte das erste Mal sein, dass ich nach rund dreißig Jahren wieder auf der Bühne stehe, und es dürfte ein wesentlich größeres Publikum sein als zuletzt. Je nun. Die Proben haben schon mal damit gut begonnen, dass ich nach der ersten Sitzung bereits zehn Prozent meines Textes gekürzt bekommen habe. Bleiben noch neun Sätze…

Aber, weit genug abgeschweift, zurück zum Grund dieses Blogposts: Ich habe mich nicht nur aktiv, sondern auch passiv kulturell betätigt und gestern das „Rosegardens“ besucht.*) Das ist ein schnuckeliger kleiner Laden im Herzen Nürnbergs, der nicht nur allerlei ausgefallene Kosmetikartikel, kleine Geschenke und Delikatessen aus Großbritannien vertreibt, sondern daneben auch noch ein exquisites Kulturprogramm mit Lesungen und Liederabenden unterhält — in einem sehr intimen Rahmen, denn die Verkaufsräume, die gleichzeitig Veranstaltungsort sind, fassen kaum mehr als zwanzig Besucher!

Gestern traf sich also das solchermaßen handverlesene Publikum — yours truly darunter — im Rosegardens um der Vorpremiere von „Ottilie“ beizuwohnen. Dabei handelt es sich um die aktuelle Produktion des ACT Centers unter Leitung von Luna Mittig, an die sich beflissene Leser meines Blogs von früheren Besprechungen im Rahmen der „Local Talents“ erinnern werden (z.B. hier und hier). Das Musical behandelt die Geschichte der Dynastie von Faber-Castell — Richtig, das sind die Schreibwaren-Moguln, die im Fürther Umland ihre Residenz haben, und die Ende des 19. Jahrhunderts ein Vermögen damit gemacht haben, den Leuten sogenannte „Bleistifte“ unterzujubeln, deren Minen in Wirklichkeit aus Graphit waren und keine Spur Blei enthielten. Ottilie von Faber-Castell war dabei eine der schillernderen Figuren der Familie, und das ACT Center hat ihre Biographie nun auf die Bühne gebracht. Aufgrund der Umstände war die Vorpremiere im Rosegardens vom Umfang her beschränkt, die große Walzerszene im Ballsaal kann beispielsweise leider erst bei der eigentlichen Premiere zur Aufführung kommen — nämlich im Ballsaal des verdammt imposanten Faber-Castell’schen Schlosses, wo auch die echte Ottilie im Zweifelsfall eine kesse Sohle aufs Parkett gelegt hat. Die Aufführungen werden tatsächlich am „Originalschauplatz“ stattfinden. </neid>

Was aber der Freude im „Rosegardens“ keinen Abbruch tat. Lunas Kostümfundus genießt nicht umsonst einen guten Ruf in der Umgebung (und wird gern von anderen Truppen oder meiner Frau geplündert, wenn sie mal wieder im Kaufrausch ist), und die Schauwerte waren schon bei dieser Vorpremiere eine Wucht. Nicht nur wegen der beeindruckenden Kleider der Companie, man kann auch deutlich sehen, welche Sorgfalt das Team bei Maske und Frisuren hat walten lassen. Sehr oft sehen die Darsteller in solchen „period pieces“ leider aus wie, nun, wie Darsteller in einer Verkleidung eben, aber im Rosegardens kamen sie alle sehr authentisch rüber — wie die Ausstattung im Faber-Castell’schen Schloss erst wirken wird, darüber kann man nur spekulieren…

Die Musik verspricht ein weiteres Highlight der „Ottilie“ zu werden. Komponiert wurde sie von Matthias Lange, der auch regelmäßig den Soundtrack zu den Cadolzburger Burgfestspielen beiträgt. Während er dort meist eleganten Bombast zum Besten gibt (und das meine ich im positiven Sinne), schlägt er bei der „Ottilie“ leisere und „leichtere“ Töne an, die bei den tatsächlichen Aufführungen auch nur von E-Piano, Bass und Schlagzeug vorgetragen werden sollen. Ich fand die Musik sehr gefällig, und wunderbar zur Story und zum Setting passend, nicht an die Gründerzeit anbiedernd, aber doch die Stimmung einfangend, und wenn das Drama es erforderte auch mit dem rechten Bumms, trotz der zurückhaltenden Instrumentierung.

Beim Vortrag kam es zu ein paar technischen Ausrutschern wie ausgefallenen Mikrofonen, aber das ist bei einer mehr oder minder improvisierten Veranstaltung vermutlich kaum zu vermeiden. Da wir ja nur musikalische Highlights und keine Spielszenen zu sehen bekamen, lässt sich zur Story noch nicht viel sagen, allerdings hätte ich mir bei den Liedtexten noch eine Endkontrolle gewünscht. Da war sehr wenig Poesie und viel lediglich behauptetes Gefühl drin, und bei einigen Phrasen wundert sich der Hörer — Was soll ein Satz wie „Der Schmerz, er sagt ‚en garde'“ bedeuten? Und „Schranken“ reimen sich zwar wunderbar auf „wanken“, aber „Schranken ins Wanken“ zu bringen ist einfach ein schiefes Bild: Manchmal ist erst der zweite Reim, der einem einfällt, der beste.

Nichtsdestoweniger, ich freue mich darauf, „Ottilie“ in voller Lebensgröße an der Stätte ihres Wirkens zu sehen, auch wenn es vermutlich Januar werden wird, da ich ja vorher noch beim „Seelenhändler“ dungen, schergen und Bier ausschenken muss, siehe oben.

Zügige Ticketreservierung wird der geneigten Leserschaft empfohlen, da bereits etliche der Vorstellungen ausverkauft sind!

Pro-Tipp für die Zukunft: Will mich mal jemand zu einer Vorpremiere in einem Whisky-Laden einladen…?

Hinweis zur Presseneutralität: Ich bin mit dem Dienstmädchen der Faber-Castells verheiratet. Vielleicht bin ich darum nicht komplett unvoreingenommen.


*) Die Betreiber der Website haben derzeit technische Probleme, darum verweist dieser Link nur auf die „Reserveseite“ des Rosegardens.

(Ich bitte um Entschuldigung für meine grützige Kamera, die arg mit den Lichtverhältnissen im Rosegardens zu kämpfen hatte. Es hat seine Gründe, dass ich Autor und kein Grafiker bin.)