Am letzten Wochenende hatten wir unsere erste Casting-Session für „Frau Luna“, mal wieder in der Kofferfabrik, die inzwischen ja schon fast so etwas wie unser Basecamp ist. (Zusammen mit dem Herr und Kaiser für die kreativen Sitzungen.)
Nun habe ich ja glaube ich schon zur Genüge erwähnt, dass dieses ganze Produzententum*) Neuland für mich ist. Langsam dämmert mir, dass die Produktion eines Musicals nochmal eine andere Hausnummer ist als ein Hörspiel oder ein Buch, selbst wenn man mit Sina und Stefanie zwei so grandiose „Wingmen“ (oder „Wingwomen“…) hat wie ich. Aber natürlich darf man sich das nicht anmerken lassen, und so gilt es, nicht mit der Wimper zu zucken, wenn von einem Dutzend angemeldeter Castingkandidaten dann mal gerade vier auch tatsächlich zum Termin auftauchen.**)
Immerhin, die meisten „Ausfälle“ waren nicht einfach No-Shows, sondern haben sich für diesen Termin abgemeldet, die meisten sogar mit guten Gründen und dem Versprechen, die nächste Gelegenheit doch noch wahrzunehmen. Aufgewogen wurde die geringe Zahl an Teilnehmern durch ihre Qualität — wir mussten nach den Präsentationen unseres Quartetts nicht lange mit uns zu Rate ziehen, ehe wir verkündeten, dass wir sie gern alle bei „Frau Luna“ dabei hätten. Wir haben eine Soul-Röhre als Neuentdeckung (die ich bisher nur als Sängerin von Lagerfeuerliedern und gregorianischen Chorälen kannte), die zuverlässige „Bank“, die man als Universalwaffe einsetzen kann, den niedlichen Knaben, der den anderen die Show stehlen wird, und den engagierten Nachwuchs.
Darüberhinaus konnte ich nach Norbert mit Matthias und Steffen zwei weitere Mitglieder unserer Band Bacon Jam kennenlernen. Wir sind wie auch schon mit Norbert super miteinander ausgekommen, die Leute sind alle sehr entspannt, haben ein ähnliches Verständnis der Show wie wir, und haben vor allem richtig Bock auf das Projekt. Geil.
Aber es gibt natürlich kein Licht ohne Schatten.
Ich habe zum ersten Mal meine „Macht“ als Produzent ausgespielt und ein Mitglied aus dem Team geworfen. Und ich mache mir Gedanken, ob ich es richtig gemacht habe, ob man es anders und besser hätte machen können, ob ich leichtfertig damit umgegangen bin, jemanden aus dem Projekt zu schmeißen, ob ich vielleicht genau die Sorte Chef bin, die ich immer unmöglich fand.
Ich kann für mich in Anspruch nehmen, es mir nicht leicht gemacht zu haben. Ich hab erstmal eine Nacht darüber geschlafen, mich mit Sina und Stefanie beraten, die zum gleichen Schluss wie ich gekommen sind, und dann habe ich versucht, den eigentlichen Rauswurf sauber über die Bühne zu bringen — ohne Getue und Gewese, mit der nötigen Klarheit, und auch mit einer Erklärung, warum ich reagiert habe ich ich reagiert habe. Mein Opfer hat es gefasst aufgenommen (vermutlich hat er es auch schon kommen sehen, und jedenfalls nehme ich nicht an, dass er abends darob in sein Kissen geweint hat…), und wir haben dann mit männlich-festem Handschlag Abschied voneinander genommen.
Aber es bleibt ein komisches Gefühl, ein eigenartiger Nachgeschmack… Kennt jemand die Szene auf Lawrence von Arabien, „Ich habe einen Mann getötet…“?
Zurück zum Positiven: Die Daseinsberechtigung von „Plan B“ besteht ja unter anderm darin, Nachwuchsförderung zu betreiben und jungen Talenten eine Chance für einen größeren Auftritt, als sie ihn als Amateure beim „Stadtmusical“ haben könnten, zu verschaffen. Immerhin kann ich sagen, dass wir bereits drei altgediente MNN-Mitglieder für „Frau Luna“ „verpflichtet“ haben, und dass noch mehr in der Queue stehen. Wenn sie denn beim nächsten Casting auftauchen. 😉
*) Neudeutsch „Showrunner“
**) Man kehrt das besser unter den Teppich und redet nicht darüber. Auch nicht auf semi-privaten Blogs.
Der Titel dieses Blogeintrags ist geklaut von der Autobiographie Eli Wallachs.